Wer kennt sie nicht, die an „diesem“ und „jenem“ nörgelnden Nachbarn, denen absolut nichts rechtzumachen ist. Neue Studien belegen, dass sich durchschnittlich jeder zweite Nachbar streitet. Nachbarschaftsstreitigkeiten stellen damit einen neuen Fall des „Tatort Gartenzaun“ dar. Hamburg ist Vorreiter (ca. 50 %), dicht gefolgt von Baden-Württemberg (ca. 35 %). Ein Trend ist dabei höchst bedenklich: es wird immer öfter der zu laut und zu lange bellende Hund als Grund für die Streitigkeit vorgeschoben. Daher stellt sich die Frage: Darf ein Hund bellen?

 

Ausgangslage
Nachbarschaftsverhältnisse sollten durch ein vertrauensvolles Miteinander geprägt sein. Hat man mit dem Nachbarn ein Problem, so sollte man diesen direkt darauf ansprechen und gemeinsam nach einer Lösung suchen. So sehen es die Grundregelungen der Gesetze vor, die das Nachbarschaftsverhältnis regeln. Findet man keine Lösung und erweist sich beispielsweise eine Lärmbelästigung als wesentlich, so stehen dem Nachbarn im Einzelfall auch Unterlassungsansprüche zu. In vielen Bundesländern muss vor dem Gang zum Gericht ein Schiedsverfahren in der Gemeinde oder Stadt vor dem sogenannten Obmann oder Schiedsmann durchgeführt werden. Scheitert dies kann geklagt werden und das Gericht muss feststellen, ob die Beeinträchtigung so gravierend und belastend ist, wie dies der Kläger darstellt.

 

Richterlich festgelegte „Bellzeiten“?
Immer wieder wird dabei behauptet, der Nachbarhund hat zu laut, zu lange oder überhaupt gebellt. Es gibt einige Gerichtsurteile, die pauschal ein Hundegebell zu bestimmten Zeiten (mittags zwischen 13 und 15 Uhr und nachts zwischen 22 und 6 Uhr) untersagen. Wie dem Hund dabei vermittelt werden soll, dass es nun 22 Uhr ist und er nicht mehr bellen darf, ist für diese Gerichte nicht beachtlich. Auch ist für diese Gerichte nicht wirklich von Bedeutung, dass das Bellen für den Hund zu dessen natürlichen Lautäußerungen gehört. Wie soll er sich sonst verständlich machen? Hört sich nach einem Freibrief für Einbrecher an, die nach 22 Uhr einbrechen, da der Hund nach ergangenem Urteil schließlich nach dieser Uhrzeit nicht mehr bellen darf. So einfach ist es jedoch nicht. Langes anhaltendes und lautes Hundegebell kann zu einer unerträglichen Beeinträchtigung führen, die unterbunden werden muss. Hunde sind im Rahmen eines Nachbarrechtsverhältnisses so zu halten, dass der Nachbar durch das Hundegebell nicht übermäßig belästigt wird. Bei andauerndem Hundegebell, das den Nachbarn schwer und sogar gesundheitlich in seinem Ruhebedürfnis schädigt, muss der Hundehalter nach einer Entscheidung des Landgerichts Schweinfurt (Az.: 3 S 57/96) reagieren. Oft verlangen betroffene Nachbarn, dass der Hund sogar entfernt wird. Die Abgabe des Hundes ist jedoch nicht die geeignete Lösung. Erfahrene Hundetrainer können beauftragt werden, die bei der Lösung des Problems helfen.

 

Darf ein Hund bellen?
Die Haltung eines Hundes gehört zum Grundrecht des Hundehalters auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. Das Recht endet jedoch dort, wo die Rechte anderer Personen wesentlich beeinträchtigt werden. Es ist daher immer eine Entscheidung des Einzelfalles vorzunehmen, pauschale Beurteilungen verbieten sich.
So urteilte beispielsweise das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: 9 U 111/93), dass einem Hundehalter nicht aufgegeben werden kann, Maßnahmen zu ergreifen, dass das Bellen seines Hundes zu bestimmten Tageszeiten gar nicht und insgesamt nicht länger als eine bestimmte Zeitspanne zu hören ist. Dies würde nahezu einem völligen Verbot der Hundehaltung gleichkommen, meinten die Richter. Denn sonst wäre ein Verstoß des Hundehalters bereits dann gegeben, wenn der Hund nur eine Minute länger als erlaubt bellen würde. Ein solches möglicherweise auch nur kurzes Bellen ist dem Einflussbereich eines jeden Hundehalters aber entzogen.
Grundsätzlich muss Hundegebell hingenommen werden, wenn die sogenannte Wesentlichkeitsgrenze nicht überschritten wird. Diese berücksichtigt neben der Lautstärke des Hundegebells auch die Intensität und die Dauer des Gebells. Es kommt daher nicht nur auf den Schallpegel an. Für die Lästigkeit von Geräuschen ist der Schallpegel nur eine Komponente. Öffentlich rechtliche Normen, die hierzu Grenzwerte festlegen, wie z.B. die technische Anweisung zum Schutz gegen Lärm, die für Straßenlärm in einem Wohngebiet einen Spitzenpegel von 80 dB(A) zulässt, geben allenfalls Entscheidungshilfen und Anhaltspunkte für die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung.
So hat schon früher das Oberlandesgericht Hamm speziell zum Hundegebell entschieden, dass sich bestimmte Geräusche schon bei einem geringen Schallpegel in das Bewusstsein desjenigen drängen, der sie nicht hören will. Es liegt deshalb nahe, dass selbst nur ein leises Jaulen oder Wimmern eines Tieres höchst lästig ist, wenn dieses sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Für die Frage, ob die Wesentlichkeitsgrenze überschritten wird, ist daher nach Auffassung der Richter weniger die Lautstärke als vielmehr deren Dauer von Bedeutung. So ordnete das Gericht die Begrenzung auf solche tierischen Lautäußerungen an, die nicht länger als 10 Minuten bzw. insgesamt nicht mehr als 30 Minuten pro Tag andauerten. Insoweit darf nach diesem Urteil ein Hund im entsprechenden Zeitraum auch bellen.

 

Hundebellen ist kein Grund zur Mietminderung
Ob Mieter aufgrund anhaltenden Hundebellens die Miete mindern können musste u.a. das Amtsgericht Hamburg 2005 entscheiden. Die Richter befanden, dass die Miete wegen nachbarlichen Hundegebells nur dann gemindert werden kann, wenn der Hund regelmäßig und lang anhaltend laut bellt. Gelegentliches Bellen stellt keinen Grund für eine Mietminderung dar. Das Gericht führte aus, dass die Miete gemindert werden kann, wenn ein so genannter Mietmangel besteht. Ein gelegentliches Bellen könne jedoch ebenso wenig als Mietmangel bezeichnet werden wie andere, mit der Wohnnutzung zwangsläufig verbundene nachbarliche Lautäußerungen wie Schritte, das Rauschen von Duschen oder Toilettenspülungen einen Mietmangel darstellen. Derartige Geräusche – so wie auch die Lebenszeichen eines Hundes gehörten zu dem Geräuschspektrum, das jeden Mieter eines Mehrfamilienhauses erwarte und das er dementsprechend als vertragsgemäß hinzunehmen habe (AZ 49 C 165/05).
Das Amtsgericht Rheine entschied, dass Mieter, die wegen Hundegebells aus der Nachbarwohnung die Miete mindern, in einem Prozess konkret darlegen müssen, zu welchen Zeiten der Hund hörbare Geräusche von sich gegeben hat. Es vertrat die Auffassung, dass die Mieterin die Miete nachzahlen müsse, da sie nicht konkret darlegen konnte, zu welchen Zeiten das laute Geheule, Gejaule und Bellen aus der Nachbarwohnung gedrungen sei (AZ 14 C 731/97).

 

Fazit
Hunde gehören zu unserem Leben und sind für viele Menschen als Begleiter nicht mehr wegzudenken. Betroffene Nachbarn sollten die jeweiligen Lebensumstände berücksichtigen und für das Wohl der Hunde nachsichtig sein. Betroffene Hundehalter sollten im Umkehrschluss alles unternehmen, dass das Hundegebell nicht zur Last der Nachbarn wird.