Cindy hört ein Donnergrollen und versteckt sich blitzschnell in der hintersten Ecke im Raum, ihr Körper bebt und sie ist extrem am Hecheln.

Balou hat Angst vor anderen Hunden. Entdeckt er am Horizont einen fremden Hund sucht er schon das Weite.

Georgie dekoriert die Wohnung immer wieder um, sobald Frauchen die Wohnung verlässt.

Ben verbellt fremde Menschen. Möchten sie ihn streicheln, weicht er so weit wie nur möglich zurück und knurrt.

Diese Beispiele haben alle eines gemeinsam: Die Angst des Hundes.

Angst hat viele Gesichter und ist nicht nur auf das offensichtliche Angstverhalten des Hundes zu beschränken. Viele Hunde leiden unter Angstverhalten. Doch leider  wird dagegen oft nichts unternommen, weil es für den Menschen nicht so problematisch ist wie beispielsweise Aggressionsverhalten.

 

Was ist Angst überhaupt?
Jedes Lebewesen kann Angst verspüren, es schützt es vor Schmerz, Verletzung und Tod. Angst hat jedoch nicht nur einen Nutzen, sondern kann die Lebensqualität enorm einschränken.
Angst ist eine Funktion des Nervensystems, die genetisch tief verankert ist und eine emotionale Bewertung von verschiedenen Reizen oder Situationen bezeichnet. Das Angstverhalten ist ein Verhaltenssystem, das ein Lebewesen vor einer Gefahr schützen soll.

Im Allgemeinen ist Angst eine Emotion und kann sowohl Motivation als auch ein Persönlichkeitsmerkmal sein.

Angst kann in direkte und in antizipatorische Angst unterschieden werden. Bei der direkten Angst (Furcht) reagiert ein Lebewesen auf einen konkret vorhandenen Auslöser. Das Angstverhalten beginnt mit dem Erscheinen des Auslösers und endet mit dessen Verschwinden, beispielsweise Angst vor Gewitter.

Hat ein Lebewesen eine Befürchtung, ohne dass ein konkreter Auslöser wahrnehmbar ist, spricht man von antizipatorischer Angst. Diese Form der Angst ist oft das Ergebnis von Sozialisierungslücken oder negativen Erfahrungen.

Zeigt ein Lebewesen sehr starkes Angstverhalten, das auch nach Verschwinden des Auslösers noch anhält, spricht man von einer Phobie (Begriff ist aus der Humanpsychologie übernommen). Ein Lebewesen, das unter eine Phobie leidet, verhält sich immer entsprechend der Alles-oder-Nichts-Reaktion.

Ängstlichkeit an sich ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das mit Vorahnungen und erhöhter Wachsamkeit einhergeht. Dieses Lebewesen versucht sich seiner Umgebung sehr oft zu versichern, in dem es die Außenwelt immer wieder abscannt und sehr wachsam ist.

 

Die Ursachen für Angstverhalten beim Hund können vielfältig sein.
Jeder Hund kommt bereits mit natürlichen Ängsten zur Welt. Schmerz, Krankheit, laute Geräusche, ungewohnte Situationen oder Reize sowie schnelle Bewegungen, werden von Hunden normalerweise als bedrohlich eingestuft. Je nach Erfahrung und Charakter geht ein Hund natürlich anders damit um und zeigt je nachdem intensiveres Angstverhalten.
Zu den natürlichen Ängsten kommt noch die individuelle Genetik des Hundes dazu. Manche Hunde sind deshalb von Natur aus zurückhaltender oder entwickeln schneller Ängste.

Weitere Gründe für Angstverhalten beim Hund:
Durch mangelnde Sozialisierung in der Welpen- und Junghundephase können  Sozialisierungslücken entstehen und der Hund verhält sich deshalb z. B. fremden Menschen gegenüber ängstlich.
Des Weiteren ist es möglich, dass Angst erlernt wird. Hat ein Hund bei Gewitter Angst, kann sich die Angst ausweiten. Die Vorboten von einem Gewitter werden direkt mit dem Gewitter an sich verknüpft und lösen dadurch ebenfalls Angstverhalten aus.

Klar ist auch, dass Misshandlungen und traumatische Erlebnisse das Verhalten eines Hundes prägen können. Oft reicht schon ein schlimmes Erlebnis aus und der Hund reagiert auf ähnliche Situationen immer mit Angst.

 

Woran erkennt man Angst?
Ein Hund kann Angst auf vielfältige Weise ausdrücken.

Die wohl eindeutigsten Anzeichen von Angst sind die Bewegungsmuster Meiden, Fliehen und Verstecken. Der Hund versucht durch diese Verhaltensweisen Distanz zwischen sich und dem Auslöser zu bringen sowie diesen zu hemmen. Ist Fliehen nicht mehr möglich oder war in der Vergangenheit erfolglos, kann ein Hund aggressiv reagieren.
Ebenso kann Einfrieren ein Zeichen von Angst sein. Der Hund stellt alle Bewegungen außer Atem- und Augenbewegung ein und bereitet sich auf die Flucht bzw. den Angriff vor.
Eine weitere offensichtliche Möglichkeit zu sehen ob ein Hund Angst hat ist, wenn er defensiv aggressives Verhalten zeigt.

An der Körperhaltung des Hunds können wir ebenso seinen aktuellen Gefühlszustand ablesen. Ein Hund, der Angst hat, verlagert seinen Körperschwerpunkt nach hinten, ist abgeduckt, hat den Rücken aufgebogen und die Rute unter den Bauch gezogen.

Auch die Mimik spielt eine bedeutende Rolle. Sind die Ohren nach hinten gelegt, der Kiefer angespannt und das Maul geschlossen sowie die Lefzen spitz nach hinten gezogen, deutet dies auch auf Angst beim Hund hin.

Zu der Körperhaltung und der Mimik können zusätzlich noch verschiedene Lautäußerungen wie Winseln, Bellen oder Schreien dazukommen.

Weniger deutliche Angstzeichen, jedoch nicht weniger wichtig, sind physiologische Reaktionen. Darunter versteht man z. B. erweiterte Pupillen, plötzliche Schuppenbildung auf dem Rücken, Hecheln, veränderter Herzschlag sowie Speichelfluss.

 

Was kann man tun?
Bevor mit dem eigentlichen Training zur Überwindung von Ängsten begonnen werden kann, muss Management betrieben werden. Dadurch wird verhindert, dass der Hund wiederholt seinen Ängsten ausgesetzt wird und die bereits vorhandenen Ängste nicht weiter ausgedehnt werden.

Außerdem ist es wichtig sich als Hundehalter genau über Angstverhalten zu informieren. Was kann es auslösen, wie sieht es aus, wie soll ich mich als Mensch verhalten. Es muss darauf geachtet werden Angstverhalten niemals zu bestrafen, da dadurch die Situation noch verschlimmert werden könnte.

Als letztes geht es an die Bestimmung aller Angstauslöser. Nur so ist es möglich einen funktionalen Trainingsplan zu entwickeln.  Ein Angstauslöser kann alles sein, was ein Hund sehen, hören, riechen, fühlen und schmecken kann. Ebenso können hier bestimmte Orte oder auch Situationen dazu zählen.

Beim Training zur Überwindung von Angstverhalten muss an alle Ebenen der Verhaltensentstehung gedacht werden. Ein Schwerpunkt sollte immer auf dem Abbau der Erregung liegen. Hier ist die Konditionierte Entspannung eine große Hilfe.

Um dem Hund ein Alternativverhalten beizubringen helfen Trainingsmethoden wie Desensibilisierung, Gegenkonditionierung, Gewöhnung sowie klassische und operante Konditionierung.

 

Fazit
Angst tut weh. Es ist ein Gefühl, das einen die Luft abschnürt und jedes Denken unmöglich macht. Der Leidensdruck kann enorm sein.

Angst hat viele Gesichter, doch mit modernen und tierfreundlichen Trainingsmethoden kann eine enorme Verbesserung, wenn auch nicht immer vollkommene Heilung, erreicht werden.